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  1. #1
    Ich komme in Frieden. Auf ewig! Avatar von dracena I.O.F.F. Team
    Ort: Mördergrube

    Verbesserung der Ernährung durch Gentechnik?

    Vorab: ich gebe zu, dass ich in dem Thema nicht wirklich firm bin, was die Abwägung von Risiken und Chancen angeht.
    Wenn mich also ein Biologe, Chemiker oder sonstiger Naturwissenschaftler ergänzen, korrigieren, was auch immer möchte - nur zu (Freundlichkeit finde ich ziemlich freundlich).

    Er wollte die Welt verändern, doch sie veränderte ihn

    Ingo Potrykus erfand vor über 20 Jahren einen Gen-Reis, der Millionen Kinder retten sollte. Jetzt wird der Reis endlich angebaut. Aber auf dem Weg dazu hat der frühere ETH-Professor den Glauben an das Gute im Menschen verloren.
    Es geht um eine Reis-Variante, die durch den Zusatz von Beta-Carotin, das der Körper zu Vit. A umwandelt, viele Kinder retten kann, die ansonsten durch Vitamin-A-Mangel erblinden und zu einem großen Teil sterben. Das Beta-Carotin kommt durch Genmaipulation in den Reis.
    Die Frage, die sich stellte war: was ist schlimmer - der Verlust an Menschenleben oder der gentechnisch veränderte Reis.
    Die einen finden, die Leben seien wichtiger, die anderen finden, die möglichen Folgen von gentechnisch verändertem Erbgut für die Natur seien wichtiger.

    Manche von euch erinnern sich sicher an die Diskussionen um Monsanto, wo befürchtet wurde und wird, dieser Konzern könne durch gentechnisch manipulierte Saaten ein Monopol und dadurch zuviel Macht bekommen, was zu Abhängigkeiten der Landwirte und letztlich auch der Endverbraucher führt.
    Dieses Argument kann ich ganz gut verstehen.
    Darum geht es in diesem Fall aber nicht, Potrykus plante, den Reis zu verschenken.

    Greenpeace hat diesen Reis trotzdem bekämpft, da ging es wohl ums Prinzip - was ich auf eine Art ja auch nachvollziehen kann, denn wenn der verschenkte Reis ok wäre, wäre es sicher schwierig, kommerzielles Saatgut abzulehnen.
    Nach diesem Artikel macht Greenpeace keine besonders gute Figur.

    Die Frage, die sich für mich stellt, ist nicht nur die nach der Kosten-Nutzen-Analyse, sondern auch eine moralische. Und irgendwie komme ich da auch zum Thema Machbarkeitswahn.
    Ganz schön komplex, wenn man versucht, sich dem Thema nicht mit Schwarz/Weiß zu nähern, oder? Ich finde, der Artikel schafft es ganz gut, mehrere Aspekte zu beleuchten.
    Geändert von dracena (03-12-2022 um 18:37 Uhr)

  2. #2
    Ich finde das auch eine komplzierte Sache mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten.

    Vermutlich wäre die Sache längst erfolgreich, hätte man das mit einem kommerziellen Interesse verbunden, eine Art geschmacklich interessanter und vollwertigerer Delikatess-Reis. Beta-Carotin macht sich da gut.
    Ich finde Hybrid-Formen auch problematisch, die man nicht vermehren kann und die andere Arten verdrängen. Ich habe hier nichts gelesen, oder überlesen, ob sich das hier auch so verhält. Dass man Lebensmittel, die eigentlich draußen wachsen, nicht vermehren kann, was der natürliche Weg von Pflanzen ist, finde auch ich angsterzeugend auf eine ganz unterschwellige Art.

    Zweites Problem: den Reis verschenken. Gut gedacht, nur sehe ich hier auch dieselben Probleme wie in der Spendenkleidung: Menschen, die davon leben, können es nicht, wenn das Produkt verschenkt wird. Es gibt da für mich einige offene Fragen zur Verteilung, um mir da ein Bild machen zu können.

    Drittes Problem: die Anreicherung. Ich finde jetzt gerade witzig, dass ein Nahrungsergänzungsmittel eins ist, weil echte Lebensmittel inzwischen zu wenig davon enthalten (von der Möhre mal abgesehen) und abgelehnt werden, weil Ergänzung angeblich nichts bringt, wo der Mangel bei vielen Menschen elementar ist. Andererseits gibt es Lebensmittel, die auch mit einer gewissen Vorsicht gehandelt werden wie Grapefruit bei bestimmten Blutdruckproblemen und bei Antidepressiva. Solange dieser Reis nicht jeden anderen ersetzt, kann man angebliche Überdosierung ja umgehen, indem man immer oder zeitweise anderen kauft.
    Ich denke, die Pharmazie macht hier auch Lobbyarbeit dagegen, weil NEM ein gutes Geschäft sind. Gerade Beta-Carotin sehr viel mehr als Vitamin A, weil es, wenn es nicht gebraucht wird, nicht in Vitamin A umgewandelt wird - denn das lässt sich wirklich schnell überdosieren. Die Haut bekommt eine gelborange Tönung, und man sieht eigentlich schon, wann es genug ist, der Marker kommt gleich mit.

    Das war zumindest der Stand der Lebensmittellehre, die ich früher gelernt habe und auch wenn ich versuche, immer neue Erkenntnisse anzupassen, rutscht mir immer was durch.

    Ich muss darüber noch etwas nachdenken. Das zumindest sind meine spontanen Gedanken dazu.

  3. #3
    Ich komme in Frieden. Auf ewig! Avatar von dracena I.O.F.F. Team
    Ort: Mördergrube
    Zitat Zitat von Elaine Beitrag anzeigen
    Ich finde das auch eine komplzierte Sache mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten.

    Vermutlich wäre die Sache längst erfolgreich, hätte man das mit einem kommerziellen Interesse verbunden, eine Art geschmacklich interessanter und vollwertigerer Delikatess-Reis. Beta-Carotin macht sich da gut.
    Ich finde Hybrid-Formen auch problematisch, die man nicht vermehren kann und die andere Arten verdrängen. Ich habe hier nichts gelesen, oder überlesen, ob sich das hier auch so verhält. Dass man Lebensmittel, die eigentlich draußen wachsen, nicht vermehren kann, was der natürliche Weg von Pflanzen ist, finde auch ich angsterzeugend auf eine ganz unterschwellige Art.
    Ich habe es so verstanden, dass der Reis keine Hybrid-Form ist.
    Er war aus einem humanitären Gedanken entstanden, Potrykus und Beyer wollten ihn verschenken. Und das Saatgut sollte vor Ort vermehrt werden, ganz lokal, auch von den Bauern selbst.
    Das Problem mit der Verdrängung anderer Arten sehe ich auch. Das ist nunmal ein Eingriff in ein Öko-System. Das meinte ich u.a. auch mit der Kosten-Nutzen-Analyse.
    Andererseits ist es in Zeiten zunehmender Dürren und damit Ernteausfällen sicher sinnvoll, Arten anzupflanzen, die mit Dürre besser klarkommen, und auch dazu werden wohl genetische Veränderungen vorgenommen.
    Nein ist ein vollständiger Satz.

  4. #4
    Das grundsätzliche Problem bei solchen Konstrukten wie Greenpeace: Sie sind ihrer Ideologie unterworfen.

    In der Gündungszeit war man generell technologiefeindlich eingestellt, Atomkraft, Chemie, Gentechnik, das war alles böse. In diese Zeiten war ich Jugendlicher und voll in dieser Szene drin.
    Als Computer kamen, waren auch die Anfangs böse, was mir in dieser Szene einen schlechten Stand verschaffte.

    Nun geht die Entwicklung aber weiter. Wir verstehen Gentechnik viel besser und wissen damit umzugehen.
    Vor allem Corona und die MRNA Technik sind DER Wendepunkt. Die gleichen Leute die früher einen Herzanfall bekommen hätten, wenn sie ein Hühnchen mit körperfremden Proteinen hätten essen sollen, lassen sich bedenkenlos Medikamente verabreichen die körperfremde Proteine im eigenen Leib herstellen.

    Da kann man den goldenen Reis nicht mehr ablehnen ohne einen mentalen Kurzschluss zu bekommen.

    Denke ähnliches wird bei der Kernenergie passieren, wenn die neuen Reaktortypen am Markt sind.

  5. #5
    Zitat Zitat von dracena Beitrag anzeigen
    Ich habe es so verstanden, dass der Reis keine Hybrid-Form ist.
    Danke, damit wäre schon mal was ausgeschlossen, was mich massiv gestört hätte.


    Das Problem mit der Verdrängung anderer Arten sehe ich auch. Das ist nunmal ein Eingriff in ein Öko-System. Das meinte ich u.a. auch mit der Kosten-Nutzen-Analyse.
    Andererseits ist es in Zeiten zunehmender Dürren und damit Ernteausfällen sicher sinnvoll, Arten anzupflanzen, die mit Dürre besser klarkommen, und auch dazu werden wohl genetische Veränderungen vorgenommen.
    Den Punkt finde ich einleuchtend, erst recht bei einer Veränderung des Klimas in der Zukunft. Andererseits: können das dann auch Tiere gleich verwerten, die wiederum Teil der Nahrungskette und Artenvielfalt (auch zur Klimabilanz) sind? Wohl bemerkt: solange die Sorte nicht dominant ist, sehe ich das weniger als ein Problem.

    Mir tut leid, dass der Versuch nicht aus der Hüfte kam, ich finde angereicherte Lebensmittel toll, so lange ich die Wahl habe, sie auch abzulehnen. Ich gehöre zu denen, die wenn ich NEM einnehme, die mir fehlen, sofort die Verbesserung spüre. Ich warte selbst auf verbesserte vegetarische Eiweißquellen jenseits von Hülsenfrüchten, ich fände das persönlich gut, wenn es aber alternativlos ist, verstehe ich gewisse Bedenken gut. Wir wissen nicht genug über die Komplexität der Pflanzen- und Tierwelt oder setzen uns aus finanziellen Gründen darüber hinweg. Stichwort: Bienensterben. Ich habe dazu auch keine Lösung, verstehe aber sowohl Begeisterung als auch die Bedenken.
    Pick your battles wisely.

  6. #6
    Ich komme in Frieden. Auf ewig! Avatar von dracena I.O.F.F. Team
    Ort: Mördergrube
    Zitat Zitat von Elaine Beitrag anzeigen

    Den Punkt finde ich einleuchtend, erst recht bei einer Veränderung des Klimas in der Zukunft. Andererseits: können das dann auch Tiere gleich verwerten, die wiederum Teil der Nahrungskette und Artenvielfalt (auch zur Klimabilanz) sind? Wohl bemerkt: solange die Sorte nicht dominant ist, sehe ich das weniger als ein Problem.
    Das ist zum Beispiel eine Frage, die wichtig ist und die mir beim ersten Gedanken an dürreresistente Pflanzen gar nicht einfiel.

    Mir tut leid, dass der Versuch nicht aus der Hüfte kam, ich finde angereicherte Lebensmittel toll, so lange ich die Wahl habe, sie auch abzulehnen. Ich gehöre zu denen, die wenn ich NEM einnehme, die mir fehlen, sofort die Verbesserung spüre. Ich warte selbst auf verbesserte vegetarische Eiweißquellen jenseits von Hülsenfrüchten, ich fände das persönlich gut, wenn es aber alternativlos ist, verstehe ich gewisse Bedenken gut. Wir wissen nicht genug über die Komplexität der Pflanzen- und Tierwelt oder setzen uns aus finanziellen Gründen darüber hinweg. Stichwort: Bienensterben. Ich habe dazu auch keine Lösung, verstehe aber sowohl Begeisterung als auch die Bedenken.
    Das stimmt, wir wissen zu wenig bzw bezüglich Bienensterben wissen wir schon einiges, ignorieren es aber. Was ziemlich dumm ist und sich sehr bitter rächen kann.
    Aber um allgemein mehr zu wissen über Wechselwirkungen Pflanzen-Tiere oder Verträglichkeiten müsste man forschen. Wenn das aus Gründen der Komplettablehnung von genmanipulierter Nahrung unterbleibt, nehmen wir uns Chancen, die wir eigentlich grade im Hinblick auf zukünftige Folgen des Klimawandels benötigen.
    Ich kann auch beides sehen, Begeisterung und Bedenken, und ich bin da auch hin- und hergerissen.

    Dabei finde ich nicht einmal generell angereicherte Lebensmittel toll. Als Omnivore ohne Lebensmittelallergien bin ich nicht auf einzelne Lebensmittel angewiesen, sondern kann immer ausweichen.
    Aber ganz speziell dieser goldene Reis, der Menschenleben retten kann, ist halt ein Fall, der mich schon zum Überlegen bringt.

  7. #7
    Solange der Reis nur an die von Mangel betroffenen Kinder abgegeben wird, denn für normal versorgte Menschen lehne ich jeden Zusatz, egal ob genmanipuliert oder durch Zugabe ab, da es durchaus gesundheitliche Schäden durch Überversorgung geben kann. Vom Risiko von manipulierten Genen, die in die "wilde" Natur geraten mal ganz abgesehen.

  8. #8
    Es gab gerade einen neuen Artikel dazu:

    https://www.tagesschau.de/ausland/as...pinen-100.html

    Hier fehlen auch wieder mal Fakten, die das Ganze nachvollziehbar machen - auf beiden Seiten.

  9. #9
    Ich frage mich, ob man das Problem des Beta-Carotin-Mangels auf den Philippinen nicht anders lösen kann. Etwa indem man eine Ernährung mit Nahrungsmitteln propagiert, die von Natur aus Beta-Carotin oder Vitamin A enthalten. Die müsste dann allerdings für alle erschwinglich sein.

    Wie erschwinglich wäre denn der genmanipulierte Reis? "Golden Rice" klingt so, als ob dafür u.U. ein bisschen mehr verlangt werden könnte (und sei es "nur" vom Zwischenhandel) als für normalen Reis.


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