Kermit und die sprechenden Mumien
Frank Plasberg wollte über Castingshows reden, mit Daniel Küblböck und ein paar älteren Menschen. Es wurde ein echtes TV-Desaster.
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Kermit ist wieder da. Mit seinem typischen hysterischen Augenaufschlag sitzt er eingeklemmt zwischen alten Menschen. Thomas Stein, Musikmanager, gealterter Playboy, der alles absolut locker sieht.
Henryk M. Broder, Medienkritiker, ältlicher Fiesling, der einfach jeden beleidigt. Joy Fleming, Sängerin, alterslose Eule, die ihre simplen Weisheiten gnadenlos wieder und wieder herbetet.
Und Wolfgang Bergmann, Kindertherapeut, sprechende Mumie, der das Talk-Possenspiel und wohl auch alles andere im Leben zu ernst nimmt. Nicht zu vergessen Frank Plasberg, Moderator, alt aussehender Zirkusdirektor, der die Sendung nach zwanzig Minuten hätte abbrechen müssen. Spätestens.
Die Sendung im Schnelldurchlauf: Diskutiert wird zunächst über die Frage, ob Castingshows eine Gefahr für die Befindlichkeit junger Menschen sei.
Ja, sagen Bergmann und Fleming, weil man nach einer öffentlichen Abreibung von Juroren bleibende Schäden davonträgt. Nein, sagen Stein und Broder, weil jeder Kandidat das ja freiwillig tue und sowieso überall Wettbewerb herrsche.
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Ja und nein, sagt Kermit Küblböck, weil er jetzt auch mal ausreden will und sich weiterentwickelt habe, aber mit 17 beim "Superstar" schon in ein Haifischbecken geworfen worden sei und die RTL-Psychologin ihm danach auch nur Tee und Kekse angeboten habe. Klingt durchgeknallt, ist es auch.
Weil man zum eigentlichen Thema sonst nichts Sinnvolles beizutragen hat, macht sich jeder Diskutant mindestens einmal unmöglich. Broder beleidigt erst Sängerin Fleming, sie möge doch nicht mit ihren Erfahrungen aus den zwanziger Jahren kommen, woraufhin diese ständig beweisen muss, wie fit sie noch ist. Am Ende der Sendung fängt sie dann tatsächlich ungefragt an, ein Lied zu trällern.
Therapeut Bergmann erzählt irgendwann stolz, dass er immer dabei ist, wenn seine Tochter Castingshows schaut, weil sie dann durch ihn "beschützt" ist. Broder beleidigt daraufhin auch ihn, dies sei "bedenklicher Kindesmissbrauch in der Familie".
Stein, der Weltgewandte, will wissen, dass wir ein "katastrophales Schulsystem" haben, dass die Amerikaner mehr lernen als wir und dass man ja "zu den Bauern" gehen kann, wenn man keinen Wettbewerb will. Dazwischen lacht er souverän.
Küblböck macht die "Fokalsprache" im Fernsehen für den Verfall der allgemeinen Kultur verantwortlich und fängt spontan an, seinen Nachbarn Broder zu knuddeln, was dieser mit einem schroffen "Hör auf!" beendet.
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Und was macht Plasberg angesichts dieses größten anzunehmenden Desasters eines Fernsehmoderators? Er weiß auch nicht weiter und drückt Knöpfe, lässt wahllos Einspielfilme laufen.
Fast vergisst man bei dem vielen Archivmaterial und sinnentleerten Straßenumfragen, dass da noch Kermit und die Mumien im Studio sitzen. Aber dann kommen sie eben doch immer wieder.
Um doch noch einen spaßigen Abgang zu machen, fragt Plasberg die fünf nervtötenden Gäste, mit wem aus der Runde man gemeinsam beim Casting antreten würde. Küblböck wählt Broder und legt ihm nochmal liebevoll die Hand auf die Schulter.
Stein wählt auch Broder, man ähnele ja schon den beiden Alten aus der Muppet-Show - Statler und Waldorf. Wenigstens etwas Selbsterkenntnis am Ende einer ganz und gar grausigen Episode öffentlich-rechtlichen Fernsehens.